Eine auf den Trafo zusätzlich aufgebrachte Hilfswicklung liegt beim Einschalten sofort an der Netzspannung und magnetisiert den Trafo synchron zur Netzspannung innerhalb einer halben oder ganzen Vollwelle. Wegen der strombegrenzenden Eigenschaft der Hilfswicklung wird dabei der Trafo nicht in die Sättigung getrieben und kein großer Einschaltstrom erzeugt. Anschließend wird die Primärwicklung selbsttätig und zwangsläufig mit einem Schütz eingeschaltet. Die dabei entstehende Verzögerung zwischen Netzeinschalten und Einschalten der Primärspule beträgt je nach Schütztype, Trafo-Remanenz und Einschaltbedingung nur ca. 14 - 25 Millisekunden. Bei großen Transformatoren und deshalb großen Schützen ist wegen deren Anzugszeit die Einschaltverzögerung etwas größer.
Bild 3: Schaltplan der Einschaltvorrichtung mit nur einem Schütz für einen Trafo mit Hilfswicklung.
Wie das Schaltplanschema zeigt, besteht die elektrische Vorrichtung aus der zusätzlichen Hilfswicklung und einem Schütz. Dabei wird erstens die strombegrenzende Eigenschaft der Hilfswicklung, zweitens die inhärente Anzugsverzögerung von Schützschaltern und drittens der variabel verzögerte Spannungsaufbau an der Primärspule ausgenutzt. Die Ansteuerung der Schützspule über die Parallelschaltung zur Primärspule bringt einen zusätzlichen Vorteil. Denn die Spannung an der Primärwicklung und damit an der Schützspule baut sich erst dann vollständig auf, wenn der erste geringe Einschaltstrom der Hilfswicklung abgeklungen ist. Siehe Bild 5 und das Induktionsgesetz. Dadurch kann auf eine zusätzliche Anzugverzögerung für den Schütz verzichtet werden. Das Einschalten der Last kann gleichzeitig mit dem Einschalten der Primärwicklung geschehen.
Bild 4: Zeigt das Einschaltverhalten eines 2 kVA UI Trenntrafos mit Hilfswickel und der angeschlossenen Last mit der Ansteuerung nach Bild 3. Oben die Spannung an der Primärspule, unten der Strom aus dem Netz.

Der Strommaßstab ist 5 A pro Div. Beim Cursor 1 schaltet das Netz ein. Nach dem Einschalten der Primärspule mit dem Schütz beim Cursor 2 fließt sofort nur der Laststrom, was auf die absolute Vermeidung der Kernsättigung hinweist. (Die schmalen Spitzen auf der Stromkurve entstehen durch die Schaltfunken der Schaltkontakte, welche in der Strom-Messzange einkoppeln und sind keine realen Ströme. Die Spitzen auf der Spannungskurve zeigen das Kontaktprellen.) DHier im Bild 4 entstand zufällig kein erster, geringer Einschaltstrom, die Primärspannung brach deshalb nicht ein, weshalb der Schütz früher anzog als im Bild 5. Eine Anzugsverzögerung von nur 14 msec. hat hier genügt.
Bild5: Zeigt das Einschaltverhalten eines 2 kVA UI Trenntrafos mit Hilfswickel ohne angeschlossene Last mit der Ansteuerschaltung nach Bild 3. Oben die Spannung an der Primärspule, unten der Strom aus dem Netz.

Der Strommaßstab ist 5 A pro Div. Beim Cursor 1 schaltet das Netz ein. Es fließt ein geringer Einschaltstrom mit nur 4,3 Aeff.. Das ist weniger als der Nennstrom. Nach dem Einschalten der Primärspule mit dem Schütz beim Cursor 2 fließt nur der abklingende Einschaltstrom, was insgesamt auf eine nur geringe Kernsättigung hinweist. Die Anzugsverzögerung beträgt hier 19 msec., weil der Schütz zu Anfang wegen des Spannungseinbruchs an der Primärspule weniger Spannung bekommen hatte als beim Vorgang in Bild 4. In Sonderfällen kann dem Schütz ein Relais vorgeschaltet werden, um dessen Anzugszeit zu verlängern.
Netzspannungslücken, welche beim Umschalten von Stromnetzen entstehen, führen nicht mehr zu hohen Einschaltströmen.
Netzspannungslücken von größer als 40 Millisekunden führen bei Schützen wie in dem beschriebenen Beispiel zum öffnen der Schützkontakte. Die Primärspule liegt dann nicht mehr am Netz. Bei Netzwiederkehr nach der Spannungslücke entsteht mit der hier vorgestellten Vorrichtung kein Einschaltstromstoß eines Transformators, weil dabei zuerst nur die Hilfswicklung vom Netz gespeist wird (wie beim ersten Einschalten).
Auch wenn die Spannungslücke zum Beispiel exakt 50, 70, 90 usw. Millisekunden dauert, also ungerade Halbwellenzahlen hat und in einem Nulldurchgang der Spannung endet und beginnt, entstehen auch dann keine Einschaltströme. Dabei würde der Trafo ohne die gezeigte Vorrichtung stark in Sättigung getrieben, weil er dann mit der gleichen Spannungspolarität eingeschaltet wird wie er ausgeschaltet wurde, was bekanntermaßen den größten Einschaltstrom ergäbe.
Weil Netzspannungslücken in der Regel länger als die übliche Schützabfallzeit dauern, bietet die Vorrichtung auch in diesem Fall einen sicheren Schutz vor Einschaltströmen. Eine Netzumschaltung für einen Medizintrenntrafo, von einem auf das andere Speisenetz, unterbricht zum Beispiel die Trafospeisung für mindestens 100 Millisekunden.
Auch für Drehstromtransformatoren beliebiger Größe und Sannung kann das Verfahren und die Vorrichtung eingesetzt werden.
Die Drehstromtransformatoren benötigen dann, je nach deren Schaltgruppe 2 oder 3 Hilfswickel und einen zum Beispiel 3 oder 4 poligen Schaltschütz zum Einschalten der Primärwicklung und der Last. Wird die Last separat zugeschaltet genügt ein 2-3 poliger Schaltschütz, gegebenenfalls mit einem Hilfskontakt zum Einschalten des Lastschützes.
Herkömmliche Transformatoren ohne die Hilfswicklung können natürlich mit den sogenannten Trafoschaltrelais (TSRL) ohne Einschaltstrom eingeschaltet werden. Diese Trafoschaltrelais oder Trafo-Sanft-Einschalter vermeiden sogar Einschaltströme bei den sogenannten schnellen Halbwellenausfällen, bei denen die Netzspannungslücke nur Millisekunden dauert.
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