Jobs vs. Nachbarrechte - wohin mit Tauscher?


Stadtrat in der Zwickmühle: Jobs contra Nachbarrechte: Wohin mit der Firma Tauscher? Das Firmengebäude kann nicht erweitert werden.


Bürgermeister Fritz Wimmer spricht von einer Zwangslage: Natürlich will er mit allen Mitteln die Firma Tauscher und ihre Arbeitsplätze in Freyung halten - und ihr die nötige Betriebserweiterung hier ermöglichen. Aber andersrum versteht er auch den Protest der Anlieger beim geplanten neuen Tauscher-Lager in Neureut. 1978 hat Firmengründer Tauscher das Schulgebäude in Aigenstadl gekauft, um hier eine Transformatoren Fertigung aufzubauen. Die Firma wuchs langsam aber stetig, behauptete sich mit ihren Qualitätstransformatoren und ihren hoch spezialisierten induktiven Bauteilen auf einem harten Markt. Heute beschäftigt Tauscher in Aigenstadl 30 Mitarbeiter, 70 sind in der tschechischen Fertigung tätig. Der Schritt nach Tschechien mit seinem niedrigeren Lohnniveau war nötig, um den Wachstums-Kurs halten zu können, die Endmontage und Prüfung der Bauteile in Deutschland ist aber nach wie vor nötig, um die Qualität zu sichern. “Wir wollen in Deutschland bleiben”, so Tauscher Geschäftsführer Heinz Berger, “aber dazu müssen wir mit Tschechien mitwachsen”. Und das ist das Problem: Tauscher kann in Aigenstadl nicht mehr wachsen. Das ehemalige Schulgebäude platzt aus allen Nähten, die für den Produkttransfer zwischen Deutschland und Tschechien erforderlichen Lager sind überfüllt. Heinz Berger hatte ursprünglich einen Anbau in Aigenstadl geplant. Eine entsprechende Bauvoranfrage hat der Stadtrat positiv verabschiedet. Aber: Vier Nachbarn haben gegen den Betriebsumbau in Aigenstadl Einspruch erhoben - unter ihnen einer, dem die Stadt erst vor kurzem durch eine Ausweitung der Ergänzungssatzung das Bauen in der Nachbarschaft Tauschers ermöglicht hat. Die Regierung von Niederbayern hat diesen Einsprüchen stattgegeben und den Vorbescheid aufgehoben. Heinz Berger sucht nach Platz für seine Firma. Und, wie er dem Stadtrat erläuterte, ist die Standortfrage “eine einfache Sache der Kalkulation”. Die Hasenkopf-Halle (Ex-Disco) in Speltenbach kam in Frage, schied aber wegen des Preises aus. Ebenso rechnet sich für Tauscher ein Neubau im Gewerbegebiet Speltenbach-Steinäcker nicht. Optionen hat die Firma in Gewerbegebieten in Ringelai und Hinterschmieding. Favorisiert wird aber das Möbelhaus in Neureut. Diese Halle und die Fläche rundherum wären groß genug, um auch ein weiteres Wachstum der Firma Tauscher zu ermöglichen. Für Heinz Berger ideal, er hat sich für den Kauf der Halle entschieden. “Ich habe lange verhandelt und nach Alternativen gesucht, die eine maßvolle Entwicklung ermöglichen”. Das Problem in Neureut: Damit Tauscher die Möbelhalle kaufen, umbauen und für Lagerzwecke nutzen kann, muss die Stadt ein Lärmschutzgutachten vorlegen und ein eingeschränktes Gewerbegebiet ausweisen. Das kostet Geld und droht von vornherein an Nachbareinsprüchen zu scheitern. Berger weiß aus Aigenstadler Erfahrung, was Nachbarn alles verhindern können. Deshalb ging er von sich aus auf die Neureuter zu, informierte sie, bot ihnen Lärmschutzmaßnahmen an (“Unser einziger Lärm sind die Lkw”), versicherte ihnen, dass er Konflikte vermeiden will. Das honorieren die Nachbarn auch, wie Kurz Zanner als Sprecher einer flugs formierten “Interessengemeinschaft Neureut” betont. Aber: Die Furcht vor einer Einschränkung der Wohnqualität durch Lärm und wer weiß was später noch dazu kommt ist größer. Zanner und eine Reihe seiner Nachbarn kündigen an, eine Gewerbegebietsausweisung verhindern zu wollen. Eine Zwickmühle. Bürgermeister Fritz Wimmer leitete im Stadtrat eine eineinhalbstündige Diskussion in dem Bemühen um einen Kompromiss. Klar: Eine Firma wie Tauscher will der Freyunger Stadtrat auf keinen Fall in eine Nachbargemeinde abwandern lassen. Man weiß aber auch um die hoch einzuschätzenden Nachbarrechte - der Ausgang eines Bauleitverfahrens für Neureut-Nord wäre völlig offen. Was tun? Die Stadträte Rigobert Prasch und Peter Kaspar regten an, das Geld für den Bebauungsplan lieber dafür zu investieren, Tauscher ein “Sonder-Angebot” im Gewerbegebiet Steinäcker zu machen. Hans Mindl schlug vor, erneut Preisverhandlungen mit der Firma Hasenkopf wegen Disco-Halle in Speltenbach aufzunehmen. Verhandlungen die für Heinz Berger wenig Hoffnung auf Erfolg haben. Bergers Entscheidung für Neureut ist Fakt, aber ohne Gewerbegebietsausweisung ist der Betrieb dort nicht gesichert. Und ohne Einverständnis der Nachbarn wird es wohl nicht zu dieser Ausweisung kommen. “Wenn sich Freyung nicht bewegt, ist der Betrieb irgendwann weg”, befürchtet Bürgermeister Fritz Wimmer, “in Neureut sind Schwierigkeiten vorprogrammiert”. Deshalb schlug er vor - und der Stadtrat pflichtete dem bei - die Sache mit der Gewerbegebiets- ausweisung in Neureut noch einmal auszusetzen und die drei Wochen bis zur nächsten Stadtratssitzung nutzen, um alle wichtigen Behörden mit der Tauscher Betriebsleitung und den Neureuter Nachbarn an einen Tisch zu bringen. “Wir wollen in Neureut keinen Krieg anzetteln, sondern Arbeitsplätze sichern und die Anliegen der Nachbarn ernst nehmen” - der Versuch, einen “Vorschlag zu Güte” zu erfinden. Wobei Berger den Nachbarn zu bedenken gab: Wenn nicht er das Möbelhaus kauft, gibt es zwei Möglichkeiten. Entweder es kommt eine andere Firma - und der Konflikt ist der gleiche. Oder es kommt ein neues Möbelhaus - und dann würden viel mehr Pkw und Lkw kommen, die viel mehr Lärm erzeugen, als es Tauscher je schaffen könnte.


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